Besondere Umgebungen und spezielle Aufgaben erforden auch besondere Maßnahmen zum Schutz von Menschen, Umwelt und Geräten. Für automatische optische Inspektionssysteme (AOIs) spielt im industriellen Einsatz der Schutz vor Berührung, Fremdkörpern und Feuchtigkeit eine wichtige Rolle. Die entsprechenden Reglungen sind in den international normierten IP-Schutzarten festgegt. Dazu kommen noch weitere Richlinien, beispielsweise für mechanische Schlagfestigkeit und Explosinonsschutz.

Beschreibung des IP-Codes

Die IP-Schutzart gibt die Eignung von Geräten hinsichtlich verschiedener Umgebungsbedingungen an, wobei der Fokus auf Gefährdung sowohl der Bedienpersonen als auch des Geräts durch Berührung sowie Eindringen von Fremdkörpern und Wasser liegt. Die Bezeichnung IP steht als Abkürzung für „International Protection“ oder auch „Ingress Protection“, also Schutz vor Eindringen.

In AOIs eingesetzte Komponenten wie Kameras, Optiken und Beleuchtungen verfügen meist bereits über ein IP-Rating oder es stehen spezielle Gehäuse oder Abdeckungen für Optiken zur Verfügung. Je nach Einsatzort können aber weitergehende Schutzmaßnahmen erforderlich werden. Dies gilt auch für Schaltschränke, die ggf. klimatisiert oder räumlich getrennt installiert werden müssen.

Die Codierung der Schutzarten besteht aus den Buchstaben IP gefolgt von zwei Ziffern. Die erste Ziffer betrifft das Eindringen fester Fremdkörper, die zweite das Eindringen von Feuchtigkeit.

Erste Kennziffer

Ziffer Bedeutung
0 kein Schutz
1 geschützt gegen Eindringen von Fremdkörpern >50 mm (z. B. Hand)
2 geschützt gegen Eindringen von Fremdkörpern >12,5 mm (z. B. Finger)
3 geschützt gegen Eindringen von Fremdkörpern >2,5 mm (z. B. Werkzeuge wie Schraubenzieher)
4 geschützt gegen Eindringen von Fremdkörpern >1 mm (z. B. Draht)
5, 5K geschützt gegen Eindringen von Staub in schädigender Menge, vollständiger Berührungsschutz
6, 6K Vollschutz gegen Staub und Berührung

Tabelle 1: Bedeutung der ersten Kennziffer

Zweite Kennziffer

Ziffer Bedeutung
0 kein Schutz
1 Schutz gegen senkrecht fallendes Tropfwasser
2 Schutz gegen senkrecht  fallendes Tropfwasser, wenn das Gerät bis zu 15° geneigt ist
3 Schutz gegen fallendes Sprühwasser (Regen) bis 60° gegen die Senkrechte
4 Schutz gegen allseitiges Spritzwasser
4K Schutz gegen allseitiges Spritzwasser unter erhöhtem Druck
5 Schutz gegen allseitiges Strahlwasser
6 Schutz gegen starkes allseitiges Strahlwasser, Schutz gegen schwere See
6K Schutz gegen starkes allseitiges Strahlwasser unter erhöhtem Druck (speziell für Straßenfahrzeuge)
7 Schutz gegen zeitweises Untertauchen
8 Schutz gegen dauerndes Untertauchen bis 1 m Wassertiefe bzw. bis zur zusätzlich angegebenen Wassertiefe
9 Schutz gegen Hochdruck- und Dampfstrahlreinigung, speziell in der Landwirtschaft
9K Schutz gegen Hochdruck- und Dampfstrahlreinigung, speziell für Straßenfahrzeuge

Tabelle 2: Bedeutung der zweiten Kennziffer

Für einige typische Schutzarten gibt es Symbole; diese sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Dabei ist auch zu beachten, dass bestimmte zweite Ziffern Minimalwerte der ersten Ziffer implizieren. So ist beispielsweise klar, das wasserdichte Geräte auch dicht für Fremdkörper sind.

IP-Schutzarten

Abbildung 1: Schutzarten mit zugeordneten Symbolen.

Für eigehendere Erläuterungen, beispielsweise zu den exakten Definitionen von Sprühwasser, Spritzwasser und Strahlwasser, wird auf die jeweiligen Normen verwiesen. Dies gilt auch für den nicht in allen Normen enthaltenen Zusatz "K".

Bis zur Schutzart 6 sind für die erste und die zweite Ziffer die darunter liegenden Schutzarten mit eingeschlossen. Bei den Schutzarten 7, 8 und 9 für die zweite Ziffer gilt dies nicht; ggf. müssen die niedrigeren Schutzarten zusätzlich angegeben werden.

 

In-Sight7000mitIP67

Abbildung 2: Intelligente Kameras der Serie In-Sight 7000 erreichen mit der über der Optik verschraubten Schutzkappe die Schutzart IP67.

Erweiterungen der Schutzarten

Eine wichtige Ergänzung ist der vor allem für Gehäuse und Beleuchtungselemente relevante IK-Code zur Definition von Schlag- und Stoßfestigkeiten. Bei älteren Geräten wurde eine Ziffer 0 bis 9 als dritte Ziffer an den IP-Code angehängt. Heute wird der IK-Code gemäß DIN EN 62262 mit den Bezeichnungen IK00 bis IK10 als eigenständige Schutzart geführt. Mit den Ziffern 01 bis 10 werden Schlagfestigkeiten von 0,140 bis 20 Joule definiert. Die Ziffer 00 bedeutet keine Schlagfestigkeit. Beispielsweise legt die Schutzart IK06 fest, dass ein Gehäuse eine Schlagenergie von einem Joule unbeschadet überstehen muss. Dies entspricht dem freien Fall eines Körpers mit der Masse 500 g aus 20 cm Höhe.

Zusätzlich können nach DIN EN 60529 können an den IP-Code optional folgende Buchstabenkennungen angehängt werden:

Kennzeichnung Bedeutung
A Geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen aktiven Teilen mit dem Handrücken
B Geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen aktiven Teilen mit einem Finger
C Geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen aktiven Teilen mit einem Werkzeug
D Geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen aktiven Teilen mit einem Draht
H Hochspannungs-Betriebsmittel
M Geprüft, wenn bewegliche Teile in Betrieb sind
S Geprüft, wenn bewegliche Teile im Stillstand sind
W Geprüft bei festgelegten Wetterbedingungen

Tabelle 3: Optionale Kennzeichnungen

Unter "gefährlichen aktiven Teilen" sind Komponenten zu verstehen, von denen Gefährdungen durch Stromschlag, Verbrennung oder mechanische Einwirkungen wie Klemmen und Schneiden ausgehen können.

Eine Rolle spielt auch der Schutz gegen potentiell lebensgefährliche Stromschläge. Nach der europäischen Niederspannungsrichtlinie kann bei Wechselspannungen unter 25 V oder Gleichspannung unter 60 V gänzlich auf einen Schutz gegen Berühren verzichtet werden. Da Bildverarbeitungskomponenten nahezu ausschließlich mit niedrigen Gleichspannungen versorgt werden, ist man damit auf der sicheren Seite.

Anders verhält es sich beim Schaltschrankbau, da hier meist ein 220 V Anschluss vorgesehen ist. Zumindest wird ein Berührungsschutz nach IP4X verlangt und wenn Schaltsysteme verbaut sind auch IP54. Problematisch kann dies werden, wenn im Schaltschrank Belüftungsöffnungen und Filter erforderlich sind und am Aufstellungsort mit Strahlwasser gearbeitet wird.

Für den Schutz gegen Stromschlag gelten die Schutzklassen I bis III der „Sicherheitsgrundnorm zum Schutz gegen elektrischen Schlag“ nach DIN EN 61140 / VDE0140-1. Für Schaltschränke müssen nach Schutzklasse I alle metallischen Teile elektrisch leitend miteinander verbunden und mit dem Schutzleiter verbunden werden. Der Anschluss an 220 Volt darf dann nur über einen Schutzkontaktstecker (Schuko-Stecker) erfolgen. Ein Anschluss mit Eurostecker ohne Schutzkontakt ist nur für doppelt isolierte Geräte der Schutzklasse II zulässig. Dies gilt häufig für Netzgeräte.

Weitere sicherheitsrelevante Richtlinien

Die hier besprochenen und für AOIs besonders relevanten Schutzarten sind in ein übergeordnetes Regelwerk eingebunden, das grundsätzlich bei jeder Installation berücksichtigt werden muss. Oft ist es so, dass die Bildverarbeitungsstation aus Komponenten besteht, die ihrerseits über die erforderlichen Zulassungen verfügen. Wenn diese Komponenten unverändert miteinander verbunden werden, so erfüllt auch die Bildverarbeitungsstation insgesamt die entsprechenden Normen. Dabei ist auch das Rating der Verkabelung und der Steckverbindungen zu beachten.

In raueren Umgebungen kann man Kameras, Optiken und Beleuchtungen mit zu niedrigen Schutzklassen in für den Einsatzort geeignete Gehäuse einbauen. Dies können beispielsweise IP66-Gehäuse, Wetterschutzgehäuse mit integrierter Heizung, für die Lebensmittelindustrie zugelassene Gehäuse und explosionsgeschützte Gehäuse sein.

Sobald Mechanik, Schaltschrankbau, Laser und höhere Spannungen im Spiel sind, steigen die Anforderungen. Es darf nur geschultes Personal tätig werden, ein Laserschutzbeauftragter kann erforderlich sein, diverse europäische Richtlinien (beispielsweise die Maschinenrichtlinie und die EMV-Richtlinie) sind zu beachten, eine umfassende Dokumentation in der Landessprache muss vorhanden sein und diese muss alle Gefahrenhinweise enthalten. Besiegelt wird dies durch die CE-Kennzeichnung oder (bei Export in die USA und andere Länder) durch die UL-Zulassung. Oft wird eine Abnahme des Gesamtsystems durch ein dafür zertifiziertes Prüflabor (beispielsweise durch den TÜV) erforderlich.

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